Mittwoch, 28. Juli 2010

Halldor Orri aka "The Salmon"

Oh, schon drei Wochen vergangen seit dem Endspiel der Weltmeisterschaft. Alles in allem war es doch ein rundes Turnier. Ließ es sich zunächst gemächlich an, gewann die WM nach und nach an Fahrt. Gespickt mit grandiosen Fehlleistungen der Torhüter, nicht gegebenen Treffern für die Engländer, einem frühzeitig nach Hause geschickten Diego Maradona und nicht zuletzt dem berauschenden Auftritt unserer Jungs bleiben die vier Wochen Südafrika doch auf jeden Fall in Erinnerung. An dieser Stelle möchte ich auch meinen ausdrücklichen Dank an das Organisationskommitee der Tour de France richten, die mir einen nahtlosen Übergang von WM zur Frankreichrundfahrt gestatteten. Die nächsten drei spannenden, spektakulären Sportwochen waren dadurch gesichert. Und die gute Nachricht ist: Ganz bald ist auch wieder Bundesliga. Und DFB-Pokal. Und Europa League (plus Quali).

In anderen Ligen Europas wurde der Spielbetrieb übrigens schon wieder aufgenommen. Wer erinnert sich nicht gern an den grandiosen Torjubel der Dänen aus Nordsjælland? Nun setzen die Spieler der Mannschaft aus Stjarnan, Island auf unglaublich kreative Weise noch einen drauf und korrigieren die Messlatte für das Zelebrieren von Toren ganz nebenbei um gefühlte zwei Meter nach oben. Groß.

Samstag, 3. Juli 2010

Wer rasiert, verliert.

Tja, was schreibt man nun? Diese Mannschaft lässt einen sprachlos zurück. Wie in Trance taumelt man durch den Samstag Abend und fragt sich, ob diese Glückseligkeit wirklich wahr sein kann. Man erwacht am Tag danach - und findet doch keine Worte für das, was unser Team da gegen die Argentinier auf den heiligen Rasen gezaubert hat. Man möchte weinen vor Freude, aber Weltmeister sind wir ja noch nicht und das wär dann doch etwas zu viel des Guten.

Das letzte Mal, dass mir ein Fußballspiel die Tränen in die Augen trieb, war das so unglücklich verlorene WM-Finale 2002. Ronaldo, du Arsch. Und deine Frisur war auch scheiße. Was bleibt? Jegliche Superlativen wurden in den letzten Tagen ausführlichst bedient. Ich kann euch nur raten, diese wundervollen Tage zu genießen. Sollte diese unfassbare Geschichte am Mittwoch ein Ende finden, braucht jedoch niemand traurig zu sein. Unser Team macht uns stolz. Normalerweise bin ich mit solchen Formulierungen sehr vorsichtig, denn stolz machen sollten einen doch zunächst mal eigene Leistungen, Errungenschaften oder derer nahe stehender Menschen. Zur Zeit allerdings darf man durchaus mal stolz sein. Was 2006 noch zum Märchen verklärt wurde, hat sich mittlerweile tatsächlich als eben solches entpupt. Die internationalen Pressestimmen zu den Leistungen unserer Elf gehen doch runter wie Öl - und ich bin mit Sicherheit nicht der einzige, dem es so ergeht.

Nach dem schon grandiosen 4:1 gegen England entschied ich mich - benebelt vom Siegesrausch - mir so lange den Bart stehen zu lassen, bis Jogis Jungs ausscheiden. Das ist mittlerweile neun Tage her. Zugegeben, ich hab nicht damit gerechnet, dass wir so weit kommen. Mittlerweile sehe ich auch echt scheiße aus und es kratzt unglaublich. Aber das ist es mir wert. Und ich hab verdammt nochmal nicht vor, in den nächsten fünf Tagen zur Klinge zu greifen. Machts noch einmal, Jungs!

Freitag, 2. Juli 2010

Dirty Talk für Fortgeschrittene

Der "Herr Schweinsteiger" möchte nicht mehr der Schweini sein. Als diese Meldung vor einigen Monaten über den Äther ging, fragte ich mich noch, was genau der bajuwarische Mittelfeldmann damit meint. Mittlerweile muss ich - auch nach einer bärenstarken Saison des "Herrn Schweinsteiger" im Trikot der Bayern und seinen überragenden Vorstellungen im DFB-Trikot - ihm eine nicht für möglich gehaltene Entwicklung attestieren. Zweifellos ist "Herr Schweinsteiger" mittlerweile DER Fixpunkt im deutschen Spiel. Er legt vermeintliche Weltstars wie Frank Lampard (Hallo Inselaffen!) an die Kette und leitet ganz nebenbei auch noch nahezu jeden Angriff unserer Elf in Südafrika ein. Ohne Frage, der Mann, der vor einigen Jahren noch des Nachts mit seiner vermeintlichen Cousine von einem Wachmann im Entmüdungsbecken an der Säbener Straße erwischt wurde, hat sich - gerade nach dem Ausfall des angeblich einzigen Leaders unserer Auswahl Michael Ballack - zu einer wahren Führungspersönlichkeit entwickelt. Habe ich mich noch nach der WM 06 beim Schauen des "Sommermärchens" von Bundesversammlungs-Mitglied Sönke Wortmann nicht zu wenig fremd geschämt, als Schweini neben dem Poldi auf dem Hotelbett lag und beide ihre Eindrücke des heimischen Turniers schilderten, hat sich der junge Mann seitdem wirklich weiter entwickelt. Lief er noch 2008 nach dem Viertelfinale gegen Portugal mit einem Deutschland-Cowboyhut auf dem Kopf quer über den Platz zu seiner Angebeteten, gibt er mittlerweile auch direkt nach Spielschluss sehr reflektierte Interviews und gibt den gereiften Strategen. Küsse gibts immer noch, aber eben ohne Hut.

Verwundert vernahm der gemeine Fan der deutschen Elf sodann auch seine Aussagen bei der täglichen Pressekonferenz am Dienstag vor dem Argentinien-Spiel, in der "Herr Schweinsteiger" vom Allerfeinsten gegen die Manieren des samstäglichen Gegners auf und neben des Platzen lederte. Statt die - durchaus berechtigte - Kritik lediglich auf die argentinische Auswahl zu beziehen, griff er doch gleich mal das ganze Volk an. "Die sind eben so" war da noch eine der harmlosen Bemerkungen unseres "emotionalen Leaders". Ungefragt wohlgemeint.

Ich vermute hinter diesen Worten eine durchaus gewiefte Taktik, die Südamerikaner an der Ehre zu packen. Gezielte Provokation im Vorfeld quasi. Die werden nun heiß sein. Am Samstag wird der Argentinier mit Sicherheit versuchen, unserer jungen Elf den Schneid durch den von "Herrn Schweinsteiger" prognostizierten überharten Einsatz abzukaufen.

Die Rechnung des "Herrn Schweinsteiger" könnte aufgehen, wenn der Usbeke Irmatov eine ähnlich strikte Linie verfolgt wie der Unparteiische im Spiel unserer Elf gegen die Serben und nach einer halben Stunde den ersten Argentinier des Feldes verweist. Wunschdenken, klar. Aber eben nicht unmöglich. Eins ist klar: Uns erwartet eine von beiden Seiten intensiv geführte Partie, zu der neben der natürlichen Rivalität der beiden Fußball-Nationen auch die Geschehnisse im Anschluss an das Viertelfinale vor vier Jahren beitragen werden. Oder wie es der übrigens für sein Alter unfassbar eloquente Thomas Müller zu sagen pflegte: "Wenn wir gewinnen, können sie gern nach dem Spiel eine Schlägerei anzetteln!"

Und sonst? Das Spiel gegen unsere Lieblingsfreunde von der Insel bedarf wohl doch keines gesonderten Posts, zu beeindruckend war die Leistung unserer Elf am vergangenen Sonntag. Von einer gewissen Glückseligkeit umnachtet endete der Abend der englischen Demontage - ich habe mich lange nicht so gut gefühlt. Es war ein sehr, sehr schöner Tag.

Mir bleibt, mich mit den angekündigten Worten zu verabschieden und uns allen einen hoffentlich positiven Ausgang des kommenden Spiels zu wünschen: Wir sehen uns am Samstag, 16 Uhr, gegen Argentinien. Die Jungs hätten es wirklich verdient, in die Vorschlussrunde einzuziehen. Sollte es nicht klappen, muss allerdings niemand traurig sein. Dieser Mannschaft gehört zweifelsfrei die Zukunft. Ausnahmsweise find ich Leo Messi am Samstag auch mal doof.

Und so sehen die abschließenden Vorbereitungen unseres Teams aus. Tanzen kann er ja, der Mario.